HCS Human Capital System

Virtuelles Lebenswerk von Heinrich Keßler, Appenweier





E. Schritt 181: Lastenhefte festlegen und vereinbaren.

Das Lastenheft konkretisiert die Projektskizze und legt die wesentlichen Parameter fest, die im Projekt und durch das Projektmanagement zu beachten und zu erfüllen sind. Werden die Lasten nicht getragen bzw. erfüllt, gilt das Projekt in der Regel als gescheitert, gleichgültig, wie die anderen Ergebnisse aussehen.

Ziele:

  1. Festlegungen und Vereinbarungen, welche Lasten dem Projekt auferlegt werden.
  2. Festlegungen und Vereinbarungen, welche Lasten dem Projektmanagement auferlegt werden.
  3. Klärung und Vereinbarungen der Signale, die eine Neuentscheidung über das weitere Projekt oder das Projektmanagement erfordern.
  4. Klärung und Festlegung der Signale, Kriterien und Parameter, die einen sofortigen Projektstopp auslösen (müssen).
  5. Klärung und Festlegungen sowie Vereinbarungen, welche Risiken durch das Projekt und das Projektmanagement wissentlich eingegangen werden (müssen).
  6. Klärungen, Festlegungen und Vereinbarungen, welche Anforderungen das Projektmanagement zu erfüllen hat, egal unter welchen Umständen.
  7. Klärungen, Festlegungen und Vereinbarungen, was nicht zum Gegenstand des Projekts und des Projektmanagements wird bzw. werden darf, gleichgültig, was geschieht (Tabus bzw. Tabubereiche für das Projekt und das Projektmanagement).
  8. Festlegungen, Begrenzungen und Vereinbarungen der Freiräume und Gestaltungsräume bzw. Gestaltungsfreiheiten des Projektmanagements.
  9. Klärungen und Festlegungen sowie Vereinbarungen über das Verhalten und die Vorgehensweisen des Projektmanagements, wenn wesentliche Lasten nicht mehr getragen, beachtet oder erfüllt werden (können).
  10. Zuschnitt des Projekts auf das Machbare (Begrenzung, Spezifizierung oder Erweiterung).
  11. Festlegung der Erfolgskriterien, nach welchen das Projektmanagement bezüglich seiner Leistung beurteilt wird.

Das Lastenheft ist der richtige Platz für die Regelungen, Festlegungen, Setzungen, Auflagen und Vereinbarungen z.B. für

  1. Umgang mit bereits bestehenden Verträgen, Vereinbarungen, Zusagen, Versprechungen, Auslobungen.
  2. Umgang mit bereits erkannten, bestehenden und auftretenden Hindernissen,
  3. Umgang mit bereits zu erwartenden, bestehenden oder auftretenden Gefahren für Leib und Leben, Sachen, das Projekt oder das Projektmanagement.
  4. Umgang mit Tabubereichen, Schutzgeboten, Schutzauflagen, Schutzzonen, Grenzwerten.
  5. Einzuhaltende Gesetze, Vorschriften, Richtlinien, Bedingungen, Grenzwerte, Normen, Standards, Regeln, Sonderheiten.
  6. Umgang mit Privilegien, Vorrechten, Vetorechten, Mitspracherechten, Vorbehalten, Nutzungsrechten.
  7. Umgang mit Dritten, Geheimhaltungspflichten, Ausschlüsse von Dritten.
  8. Erlaubnisse, Verbote oder Auflagen für eventuell erforderliche Umwege.
  9. Umgang mit Freiräumen, Gestaltungsräumen, Sachkompetenzen, Fachkompetenzen, Gesetzen, Vorschriften, Puffer.
  10. Festlegung der Prioritäten bei Konflikten, z.B. zwischen Geld und Qualitäten.
  11. Auflagen aller Art wie z.B. Erhaltung, Wiederverwendung, Emissionen, Immissionen.
  12. Auflagen, Vorschriften, Bedingungen, Anforderungen auf den Gebieten Brandschutz, Objektschutz, Werkschutz, Grenzschutz.
  13. Auflagen, Vorschriften, Bedingungen, Anforderungen aus Steuern, Abgaben, Zöllen, Vergabebedingungen, Verfahrensvorschriften, Einfuhr- und Ausfuhrgenehmigungen, Nachweisungen, Dokumentationspflichten.
  14. Auflagen, Vorschriften, Bedingungen, Anforderungen zur Einhaltung von Kapazitätsgrenzen, Belastungsgrenzen, Auslastungen, Prozesse.
  15. Auflagen, Vorschriften, Bedingungen, Anforderungen zu Eingriffen und Veränderungen von laufenden Prozessen, Abläufen, formaler Organisation, Zuständigkeiten, Entscheidungen.
  16. Auflagen, Vorschriften, Bedingungen, Anforderungen für den Datenschutz, die Datensicherheit.
  17. Auflagen, Vorschriften, Bedingungen, Anforderungen aus dem Arbeitsschutz, Personenschutz
  18. Erlaubnisse, Verbote oder Pflichten zur Einsetzung von Machtmitteln, Gewalt, Mittel und Wege der Durchsetzung.
  19. Auflagen für Qualitäten.
  20. Auflagen für Funktionen, Funktionalitäten, Kompatibilitäten, Leistungsmerkmalen, Produktmerkmalen, Technologien, Handhabung, Dokumentation, Produktlebensdauer, Belastungsgrenzen, Ästhetik, Sicherheit, Gebrauchsnutzen, Gebrauchssicherheit, Verbrauchsmerkmale, Reparaturfreundlichkeit, Wartungsarmut.
  21. Auflagen für die Einbeziehung oder den Ausschluss oder die Art und Weise von Beteiligungsmöglichkeiten, Mitwirkungspflichten oder Mitbestimmungen.
  22. Auflagen bezüglich Dimensionierungen aller Art (Gewicht, Größe, Beschaffenheit).
  23. Auflagen für absolute Fristen, Termine, Zwischenergebnisse.
  24. Auflagen für unabdingbare Prüfungen, Untersuchungen, Tests, Verfahren.

Anleitungen für das Lastenheft:

  1. Ermitteln Sie, was als "selbstverständlich" für das Projekt gilt.
  2. Ermitteln Sie, was "selbstverständlich" vom Projektmanagement erwartet wird.
  3. Ermitteln Sie, welche Grenzen und Begrenzungen sie annehmen, die für das Projekt gelten.
  4. Ermitteln Sie, welche Grenzen und Begrenzungen sie annehmen, die für das Projektmanagement gelten.
  5. Ermitteln Sie die Kriterien, nach welchen beurteilt werden wird, ob das Projekt erfolgreich war (Budget- und Termineinhaltung sind obligatorisch.)
  6. Ermitteln Sie die Kriterien, nach welchen beurteilt werden wird, ob das Projektmanagement erfolgreich war (Reibungslose Steuerung des Projektprozesses ist obligatorisch.)
  7. Ermitteln Sie, welche Erwartungen an das Projekt, die durch das Projekt entstehenden Produkte, Lösungen und Prozesse gestellt werden.
  8. Ermitteln Sie, was das Projekt oder das Projektmanagement auf keinen Fall tun darf.
  9. Ermitteln Sie, welche besonderen Leistungen oder Ergebnisse vom Projekt oder vom Projektmanagement erwartet werden, auch wenn diese (niemals) konkretisiert werden (können).
  10. Ermitteln Sie die Kriterien, nach welchen das Projekt und das Projektmanagement auf jeden Fall gescheitert sind, gleichgültig, zu welchen Ergebnissen es geführt hat.
  11. Konkretisieren Sie die Lasten für das Projekt und das Projektmanagement in einem so genannten "Lastenheft".
  12. Vereinbaren Sie das Lastenheft mit jener Person, sie die Lasten verantworten kann.

Mahnungen, Tipps:

Die Aussagen zum Lastenheft gelten sowohl für das gesamte Projekt, das gesamte Projektmanagement sowie für alle Gliederungen des Projekts.

Lasten, die nicht ausdrücklich benannt und offizialisiert sind, werden entweder ignoriert oder beliebig interpretiert.

Es besteht in der Regel die Tendenz, die Lasten im Projektverlauf insbesondere dann zu erhöhen, wenn das Projekt "gut läuft" und Anzeichen aufweist, dass es zusätzliche Lasten tragen könnte. Die Änderungen der Lasten bedeuten jedoch eine Änderung des Projektauftrages oder Auftrages zum Projektmanagement und sollten deshalb als solche behandelt werden.

Erscheinen Lasten größer oder gar untragbar bzw. unerfüllbar, werden häufig Umgehungslösungen versucht, die vorgeben, dass die Lasten getragen wurden: Die Illusion bricht oft erst beim Belastungstest zusammen. Beliebt sind "unvorhergesehene Umstände", die z.B. die Kosten erhöhen.

Teilnehmerkreis:

Das jeweilige Lastenheft wird erstellt und vereinbart zwischen den Personen,:

  1. welche die Lasten aufbürden und verantworten. Das ist z.B. der Projektauftraggeber, der Auftraggeber, der Projektleiter oder der Auftraggeber von Teilprojekten, Objekten, Prozessen, Arbeitspaketen, Aufträgen.
  2. welche die Lasten tragen bzw. sicherzustellen haben, dass die Lasten im Projekt und durch das Projektmanagement getragen werden. Das sind z.B. der Projektauftragnehmer (Projektleiter), der Auftragnehmer, der Teilprojektleiter, der Leiter des Arbeitspaketes, der Objektverantwortliche, der Prozesseigner und Prozessverantwortliche.
  3. welche über das Fachwissen verfügen. Das sind z.B. die Experten auf den jeweiligen Fachgebieten.

Aufgaben des Projektmanagements:

Erstmalige und dann wiederkehrende Aufgaben des Projektleiters (und bei mehreren Team eines jeden Teamleiters) sind z.B.

  1. Ermitteln Sie, welche Lasten Sie als Verantwortlicher für das Projekt und das Projektmanagement an jede einzelne Gliederung des Projekts weitergeben müssen, damit das gesamte Lastenheft erfüllt werden kann.
  2. Ermitteln Sie, ob "fertige", "gewohnte", "vorgeschriebene", "normierte", "standardisierte", "zertifizierte" Lösungen, Produkte, Modelle, Prozesse und Vorgehensweisen geeignet sind, die Lasten des Projekts und des Projektmanagements zu tragen und zu erfüllen.
  3. Ermitteln Sie die notwendigen Anpassungen, die dazu notwendig sind.
  4. Definieren Sie die dazu erforderlichen Maßnahmen, Projekte (Vorprojekte), Tests oder Entwicklungen und führen Sie diese durch.
  5. Legen Sie fest und offen, welche Lasten sich voraussichtlich oder zumindest vermutlich durch das Projekt und das Projektmanagement nicht erfüllen lassen.
  6. Legen Sie fest, was zu geschehen hat, wenn wesentliche Lasten des Projekts oder des Projektmanagements nicht (mehr) erfüllbar bzw. tragbar erscheinen oder werden.
  7. Ermitteln Sie Alternativen für Lasten, die sich im Verlaufe des Projekts als nicht (mehr) erfüllbar, einhaltbar oder tragbar erweisen.
  8. Legen Sie die Kontrollen fest, an welchen und durch welche Sie sich verlässigen können, dass die Lasten auch tatsächlich getragen und erfüllt werden.
  9. Ermitteln Sie die Schwachpunkte, an welchen Pfusch oder Nachlässigkeiten in Bezug auf die Verpflichtungen aus dem Lastenheft entstehen können.
  10. Legen Sie fest, wen Sie auf welche Art und Weise sie berichten werden, wenn Sie an die erwarteten Grenzen des Projekts oder des Projektmanagements stoßen oder Unerwartetes eintritt, was die Erfüllung des Lastenheftes gefährden kann.
  11. Dokumentieren Sie für jeden Auftrag das Lastenheft, d.h. die "Selbstverständlichkeiten" und Punkte, die nicht verhandlungsfähig sind und bleiben.
  12. Legen Sie die Warnsignale fest, die frühzeitig aufmerksam machen, dass Lasten des Projekts oder des Projektmanagement nicht (mehr) akzeptiert sind oder beachtet werden können, wollen oder dürfen.
  13. Ermitteln Sie, ob und wenn ja, in welchen Punkten der (Projekt-)Auftrag zu präzisieren ist und veranlassen Sie dies unverzüglich.

Mehr zum Thema "Lastenheft":

  1. Vertiefungen, Vernetzungen, Verbindungen, Verortung dieses Arbeitsschrittes in der Projektmatrix: 07_730_000
    Koordination der Prozesse der Entscheidungen: 70_740_000
    Koordination der Prozesse der Regelkommunikation: 70_041_000
    Rollen, Funktionen und Verantwortungen: 36_036_000
    Projekterfolg: 15_000_000
    Verträge und Vereinbarungen: 06_670_000

  2. Verwandte Themen: (ID in der Projektmatrix bzw. für das Mentoring)
    Strukturen der Entscheidungen: 99_040_000
    Projektfortschritt: 99_160_000
    Projektorganisation: 31_000_000
    Warnsignale: 06_660_000
    Notizen: 19_000_000
    Risiko-, Konflikt- und Krisenmanagement: 03_370_000
    Projektsteuerung: 32_000_000
    Schnittstellen: 99_100_000

  3. Empfohlene Suchbegriffe:
    Lastenheft

    Rahmenheft
    Pflichtenheft
    Leistungsbeschreibungen
    Kontrollen im Projekt
    Kontrollpflichten des Projektmanagements
    Regelkommunikation
    Leistungsvereinbarungen
    Weisungsbefugnisse
    Geheimhaltung
    Verteilerlisten
    Verträge und Vereinbarungen
    Vertretungsmacht
    Formale Rollen in Organisationen
    Spielregeln in Organisationen
    Usancen, Gewohnheitsrechte
    Heimliche und unheimliche Regeln und Spielregeln